Immer wieder bekommen wir von unseren Patienten Fragen zum Thema Röntgen gestellt. Einerseits geht es dabei um Befürchtungen bezüglich der Strahlenbelastung, andererseits um die tatsächliche Notwendigkeit, eine Röntgenaufnahme anzufertigen.

Warum machen wir Röntgenaufnahmen?

Röntgenaufnahmen sind eines der wichtigsten Werkzeuge, um Zahnmedizin in Spitzenqualität zu praktizieren. Natürlich untersuchen wir unsere Patienten visuell nach dem modernsten Stand der Technik – mit einer Lupenbrille können wir kleinste Details sehen. Mehr als zwei Drittel eines Zahnes befinden sich aber nicht einsehbar unter dem Zahnfleisch und in den Knochenstrukturen des Kiefers. Es ist schlicht und einfach nicht möglich, diese wesentlichen Bereiche lediglich visuell zu beurteilen. Eine zahnärztliche Untersuchung gliedert sich immer in eine klinische und röntgenologische Untersuchung. Das Weglassen einer Röntgenuntersuchung stellt per se schon einen Behandlungsfehler dar.

Um den aktuellen Zustand der Zähne zu beurteilen, sind Röntgenaufnahmen unumgänglich. Selbst wenn keine akuten Schmerzen vorliegen, liefern sie doch viele Informationen, die für unsere Behandlung von wesentlicher Bedeutung sind. Außerdem gibt es viele Erkrankungen, die anfänglich keine Schmerzen bereiten und ansonsten unentdeckt bleiben würden, wie etwa Konkremente (eine spezielle Art von Zahnstein an der Zahnwurzel), Zysten und auch Tumore im Kieferknochen.

Moderne Röntgengeräte haben nicht nur einen Bruchteil an Strahlung. Anstelle von Film arbeiten sie heutzutage mit digitalen Sensoren, dadurch sind feinste Details sichtbar. Die Bilder können mit speziellen Bildbearbeitungsprogrammen noch bearbeitet werden und weiter an Aussagekraft gewinnen.

Röntgenaufnahmen liefern uns folgende Informationen

  • Zähne: Individuelle Anatomie, Wurzellänge, Nerven, Risse, Entzündungen, Konkremente

  • Knochen: Knochendichte, Tumoren, Zysten, Knochentaschen

  • Kariesbefall aller Art

  • Zustand von Inlays, Onlays, Kronen, Füllungen und Implantaten

Strahlenbelastung beim Röntgen der Zähne

Die Röntgenstrahlung wurde 1895 von Wilhelm Conrad Röntgen an der Universität Würzburg entdeckt: er selbst nannte sie „X-Strahlen“, was sich noch heute in der angelsächsischen Bezeichnung „X-ray“ widerspiegelt. Sie bestehen aus elektromagnetischen Wellen unterschiedlicher Wellenlänge und Energie, wie sichtbares Licht auch. Tatsächlich liegt ihre Wellenlänge unter etwa 10 nm knapp oberhalb des ultravioletten Lichts. Die Röntgenstrahlung ist in der Lage Materie zu durchdringen und wird je nach Art der Materie unterschiedlich stark geschwächt: dadurch entstehen die charakteristischen „Röntgenaufnahmen“, die Mediziner durch den menschlichen Körpers hindurch sehen lassen.

Natürliches Vorkommen von Röntgenstrahlen

Röntgenstrahlen werden aber nicht nur von Menschen erzeugt, sondern kommen ganz natürlich als Kosmische Strahlung oder Bodenstrahlung vor. So sind zum Beispiel das fliegende Personal in der Luftfahrt einer höheren Dosis an natürlicher Umgebungsstrahlung ausgesetzt als auf der Erde, da sie in großen Höhen fliegen.

Dosierung von Röntgenstrahlen

Allerdings können zu hohe Dosen an Röntgenstrahlung Veränderungen im Organismus hervorrufen und Schäden bis hin zu Krebs verursachen. Daher gibt es eine ganze Reihe an Leitlinien der EU, Großbritannien oder der USA, die bestimmte Obergrenzen an Strahlenexposition festlegen und Prinzipien zur Einsatzhäufigkeit definieren. Die Strahlungsdosis wird übrigens in µSv (Mikrosievert) gemessen.

Wir Mediziner richten uns außerdem ganz allgemein nach dem ALARA-Prinzip: As Low As Reasonably Achievable. Das heißt, wir setzen Röntgen nur dann ein, wenn der diagnostische Nutzen die verhältnismäßig geringe Strahlenbelastung bei weitem übersteigt. Insbesondere verlangt die Strahlenhygiene, dass zunächst immer mit der am niedrigsten Dosis verbundenen  Röntgentechnik geröngt wird und nur bei speziellen Fragestellungen andere Techniken mit höherer Strahlenbelastung zum Einsatz kommen. So ist es aus medizinischer Sicht völlig übertrieben, bei jeder Frage nach einer Implantationsmöglichkeit gleich ein umfangreiches Volumentomogramm anzufertigen. Diese Frage kann meistens mit einfachen Sichtaufnahmen schon beantwortet werden, die deutlich weniger Strahlenbelastung für den Patienten bedeuten.

Vergleich der Strahlenbelastungen

Die tatsächliche Gefährlichkeit von Röntgenaufnahmen kann am besten im Vergleich der Strahlenbelastungen eingeschätzt werden.

  • 5 µSv: Einzelaufnahme eines Zahnes

  • 10 µSv: Ein Tag auf der Erde (natürliche Kosmische- und Bodenstrahlung)

  • 50 µSv: Eine 10-stündige Flugreise

  • 400 µSv: Jährliche Dosis durch Lebensmittel

  • 2.000 µSv: Computertomographie (CT) des Kopfes

  • 4.000 µSv: Ein Jahr auf der Erde (gesamte Strahlenbelastung laut ENS)
    https://www.euronuclear.org/glossary/radiation-exposure-average-in-germany/

  • 100.000 µSv: Strahlenbelastung, ab der Veränderungen an Blutzellen beobachtet werden

Da sich Strahlenbelastungen addieren, wurde eine jährliche Obergrenze zusätzlich zur natürlichen Strahlenbelastung definiert: sie sollte 1.000 µSv nicht überschreiten. Dies ist ein Hundertstel der Strahlenbelastung, ab der sich erste minimale Veränderungen an Blutzellen zeigen.

Man kann einfach sehen, dass die Einzelaufnahme eines Zahnes hier keine große Relevanz hat und der Nutzen an Diagnostik sicher in sehr vielen Fällen den möglichen Schaden übersteigt.

Röntgen Strahlenbelastung