Implantation und Augmentation in der ästhetischen Zone

Dem Patienten war während der Einheilphase eines Implantats ein folgeschwerer Sportunfall passiert.

Die 40 Jahre junge Patientin hatte Ihren Zahn 21 drei Monate vor ihrem Termin in unserer Praxis durch ein Frontzahntrauma verloren. Sie wünschte sich, dass das Aussehen und die Funktion ihrer Frontzahnreihe wiederhergestellt werden würden.

Die Ergebnisse der klinischen (Abb. 1-6) und diagnostischen Analyse wurden dokumentiert. Die Patientin verfügt über ein gutes dickes Weichgewebe im Operationsgebiet. Bei der Analyse des Knochenbettes fällt der horizontale Knochenverlust im Zuge des Traumas auf – auch ein durch Attachmentverlust entstandener vertikaler und horizontaler Volumenverlust im Bereich der distalen Papille.

Nach Aufklärung der Patientin über ihre therapeutischen Möglichkeiten entschied diese sich für ein Einzelzahnimplantat. In der Regel versuchen wir bei Patienten mit der Indikation für ein Frontzahnimplantat möglichst schnell zu handeln. Je nach Situation implantieren wir entweder sofort oder verzögert und augmentieren, um den zu erwartenden Volumenmangel am Kieferkamm auszugleichen. Bei dieser Patientin war zunächst eine leichte Augmentation des Hartgewebes notwendig. Diese sollte zeitgleich mit der Implantation erfolgen. Nach Einheilung und bei Freilegung sollte das fehlende Weichgewebsvolumen mit einer bei uns etablierten Technik augmentiert werden.

Anamnese

Die Patientin war gesund, sie nahm keine Medikamente, jedoch rauchte sie am Tag etwa 15 Zigaretten.

Bei Vorliegen einer regelrechten 25(OH)Vitamin-D3-Konzentration im Blut (bei Erwachsenen zwischen 20-60 ng/ml) ist die Prognose für eine knochenchirurgische Maßnahme bei gesunden Rauchern gut.

Ein zu niedriger Vitamin-D-Serumspiegel steigert hingegen das perioperative Operationsrisiko. Niedrige Vitamin-D-Werte sind mit einem erhöhten Risiko für Komplikationen (Infektionen und schwere kardiovaskuläre Komplikationen) nach nicht-kardialen Operationen assoziiert. Die vorgestellte Patientin verfügte laut hausärztlicher Blutanalyse über eine ausreichende Konzentration von Vitamin D.

Die Prognose für den weichgewebschirurgischen Eingriff war hingegen durch das Rauchen mit einem erhöhten Risiko für Wundheilungsstörungen assoziiert.

Die Patientin wurde über diese Zusammenhänge aufgeklärt und gebeten, ihren Konsum an Zigaretten während der Behandlungsphase deutlich einzuschränken.

Behandlungsplan

  1. Implantation und Augmentation von Hartgewebe
  2. Freilegung und Weichgewebsaugmentation
  3. LZP-Versorgung des Implantates regio 21 zur Ausformung des Emergenzprofils
  4. Provisorische Versorgung auf definitivem Abutment des Implantates regio 21 in ZnO2 und des Zahns 22
  5. Definitive Versorgung des Implantates regio 21 und Kronenversorgung des wurzelgefüllten Zahns 22

Chirurgisches Vorgehen

Nach Eröffnung der Implantationsregion (Abb. 5, 6) wurde ein V3-Implantat (MIS) in regio 21 in dreidimensional optimaler Position als verzögertes Sofortimplantat mit einem Abstand von je zwei Millimetern nach labial, medial und distal inseriert. Die spezielle Beschichtung dieses Implantates, die aus monomolekularen Multi-Phosphonaten besteht, welche chemisch fest mit der Implantatoberfläche verbunden sind, wird laut anerkannter wissenschaftlicher Untersuchungen vom Organismus als knochenähnlich wahrgenommen. Der BIC (bone to implant contact) wird dadurch verbessert.

Die Implantatschulter wurde drei Millimeter unterhalb des späteren Verlaufs des Sulkus positioniert. Die durch das System vorgegebene im Halsbereich bestehende Dreiecksform verband die Implantatschulter ohne Druck mit dem krestalen Knochen. Der Knochendefekt lag günstig, das Implantat konnte innerhalb des sogenannten Bone Envelopes inseriert werden (Abb. 7, 8).

Die labial freiliegenden Gewindegänge wurden mit autologem Knochen der Patientin, die während des Bohrvorganges ohne Wasserkühlung gesammelt wurden, bedeckt. Für den weiteren hartgewebigen Volumenzuwachs sorgte eine Mischung aus I-PRF / A-PRF (Mectron) und Ersatzmaterial The Graft (Regedent) (Abb. 9a-c). Das Eigenblut der Patientin wurde hierfür vor Ort entnommen, zentrifugiert und aufbereitet. A-PRF sorgt für eineschnellere Differenzierung der Knochenzellen und der Blutgefäße im Augmentat. Mithilfe von I-PRF verkleben die Augmentats-Bestandteile zu einem festen Augmentat (sticky bone) (Abb. 9d).

Mit dem optimierten Knochenmaterial wurde der Bereich labial vom Implantat in regio 21 überaugmentiert. Als Abdeckung diente eine stabile (sechs Monate) Kollagenmembran (Ossix, Regedent) (Abb. 10). Abschließend wurde eine PRF-Membran für eine verbesserte Weichgewebsheilung aufgebracht. Mittels Spaltlappen und Haltenähten wurde die Wunde spannungsfrei verschlossen (Abb. 11, 12).

Während der Implantation wurde über die Bohrschablone eine Registrierung der Implantatposition durchgeführt, somit war es möglich bei oder kurz nach der Freilegung sofort eine provisorische Krone einzusetzen.

Freilegung und Verbesserung des Emergenzprofils

Drei Monate postoperativ konnte das mit einer den BIC fördernde, mit einer speziellen Beschichtung versehene (B +) regelrecht eingeheilte (siehe Abb. 13: Röntgenkontrolle) Implantat unter besonderer Berücksichtigung der Weichgewebsarchitektur freigelegt werden (Abb. 14-16). B+-Moleküle bilden eine hydrophile Oberfläche, die besonders für eine kompromittierte Knochenheilung geeignet ist. Wie vorab geplant wurde im Sinne einer volumenoptimierten Weichgewebsgestaltung ein freies Bindegewebe-Transplantat (BGT) aus dem Gaumen entnommen. Anschließend zogen wir es in den inzidierten Pouch, platzierten es und fixierten es mit Nähten (Abb. 17-22).

LZP und definitive Abformung

Eine Woche nach Freilegung und Insertion des BGT wurde das LZP aus Komposit in das mit CHX-Gel gesäuberte Implantat eingeschraubt (Abb. 23a-c). Das Emergenzprofil wurde auf dem Gipsmodell so geplant, dass der krestale Anteil in Idealform aufbereitet wurde sowie der mittlere und apikale Bereich so schmal wie möglich gehalten wurden. Das Röntgenbild zeigt neben der regelrechten Wurzelfüllung an Zahn 22 eine ungewöhnlich gute Osseointegration (Abb. 24). Das klinische Bild veranschaulicht bereits zu diesem Zeitpunkt eine sehr gute Einfügung der Komposit-Krone in das umliegende Weichgewebe (siehe Abb. 23a-c). Nach einer Tragedauer von vier Monaten formten wir das Implantat und den mit einer Stufenpräparation versehenen Zahn 22 in Doppelfadentechnik und mit individualisiertem Abformpfosten ab (Impregum, 3M Espe).

Einsetzen des definitiven Abutments

Das definitive CAD/CAM-gefertigte ZnO2-Abutment wurde mithilfe eines Positionierungsschlüssels und CHX-Gel definitiv festgesetzt (Abb. 25-30). Der leicht aufgeraute innere Randbereich sorgte für eine verbesserte Weichgewebsintegration. Abschließend wurden im Labor neu angefertigte Kunststoffarbeitskronen auf dem Implantat 21 und dem beschliffenen Zahn 22 aufgebracht.

Einsetzen der prothetischen Versorgung

Der Herstellung der finalen Kronen erfolgte im zahntechnischen Labor von ZT Uwe Gehringer. Das Kontrollröntgenbild (Abb. 31) und die klinische Ansicht der Frontzahnreihe mit den Kunststoffarbeitskronen (Abb. 32) zeigen ein erfolgreich knöchern integriertes Implantat mit einer optimalen Weichgewebsintegration der Suprastruktur.

Die Bilder der Patientin vorher (Abb. 33, 35) und der sehr zufriedenen und glücklichen Patientin nach dem Einsetzen der defi nitiven Versorgung (Abb. 34, 36-40) sprechen für eine exzellente Ausführung durch ZT Uwe Gehringer und sein Team, die mit ihrer Arbeit der Patientin zu einem ästhetisch ansehnlichem und unbeschwerten Lachen verholfen haben.

Fazit

Die genaue Planung des therapeutischen Vorgehens mit den Möglichkeiten der modernen Implantologie – wie etwa mit spannungsfrei zu inserierenden, beschichteten und hydrophilen Implantaten, den modernen, mit PRF verbesserten Augmentationsverfahren sowie mit stabilen Membranen – ermöglichen dem geübten Chirurgen auch bei Patienten mit erhöhtem Komplikationsrisiko sehr gute Ergebnisse. Die Einfl üsse des Rauchens auf die Heilungsphase sind sicherlich nicht von Vorteil, stellen nach genauer Risikoanalyse, Aufklärung der Patienten über Risiken und gesundheitsförderndem Verhalten, einem detaillierten chirurgischen Protokoll sowie festgelegten Recallintervallen jedoch keine Kontraindikation in unserer Praxis dar.

Implantation und Augmentation in der ästhetischen Zone

Praktische Implantologie und Implantatprothetik PIP Fotostory
Januar 2018

Dr. Peter Randelzhofer