Sanierung einer knöchern und weichgeweblich insuffiffi zienten Gebisssituation

Sanierung einer knöchern und weichgeweblich insuffiffizienten Gebisssituation mit negativer Auswirkung auf das Kau- und Bewegungsmuster.

Der vorgestellte Patient war ca. zehn Jahre zuvor alio loco komplett mit zahngetragenen Kronen und Brücken, Implantaten an regio 24, 25, einer Brückenversorgung auf den Implantaten regio 14 und 16, zwei Implantaten in regio 35 und 36 sowie neuer Suprakonstruktion versorgt worden. Funktionell wies die Neugestaltung der Restaurationen Mängel auf, welche negative Auswirkungen auf das Kau- und Bewegungsmuster der überkronten Zähne gezeigt hatten.

In unsere Praxis kam der Patient schließlich erst mit dem Gefühl von Lockerungen an den Implantaten, Blutungen am Zahnfleisch, einem seltsamen Geschmack im Mund und regelmäßigen Kopf- und Kieferschmerzen. Auch waren im Unterkiefer etliche Kronenverblendungen abgeplatzt.

Diagnostik und Prognose

Nach einer Übersichtsaufnahme (OPG, Abb. 1) war im Oberkieferseitenzahnbereich ein erheblicher horizontaler und vertikaler Knochenabbau an den Implantaten erkennbar. Nach Anamnese und klinischer Befundaufnahme wurde unser Patient zunächst über die Erhaltungswürdigkeit der Zähne und die Möglichkeiten einer neuen Gesamtversorgung aufgeklärt. Da er keine Risikofaktoren aufwies, stand neuen Implantaten mit Knochenaufbau nichts im Weg. Der Fall wurde gemäß SAC-Klassifikation als komplex eingestuft. Die Auswahl eines Implantatsystems (Megagen Anyridge), welches auch im kompromittierten Knochen eine ausreichende Stabilität aufweist, ist daher ebenso von Bedeutung wie gute Materialien zur Knochenaugmentation (Ossix Plus, Regedent; Bio-Oss, Geistlich Biomaterials) und zur guten Weichgewebsheilung (PRF, Mectron). Nach Wiederherstellung der Stützzonen sowie Einstellung einer regelrechten Okklusion und Belastung vermuteten wir, dass auch die Kiefer- und Kopfschmerzen zurückgehen würden.

Bei der Patientenkommunikation fand eine Zusammenfassung aller Risiko- und anderer relevanten Faktoren nach dem bekannten Ampelprinzip statt, angelegt an die Einteilung nach Prof. Strub (Abb. 2). Rot stellt dabei nicht erhaltungswürdige Zähne dar, gelb Zähne mit unsicherer und grün Zähne mit guter Prognose.

Behandlungsplanung und Extraktion

Nach Dokumentation der klinischen Parameter und funktioneller Analyse sowie Anfertigung des LZP (Abb. 3-8) wurde geplant, die Oberkiefer-Implantate zu explantieren sowie die Zähne 16 und 26 zu extrahieren. Drei Monate nach Explantation sollte nach einem Sinuslift neu implantiert werden.

Implantation und GBR

Nach großflächiger Eröffnung des Operationsbereiches zeigte sich das erwartete Bild. Die Alveolen wiesen große Defekte im Kieferkamm auf (Abb. 9). Ohne Vorbohren wurde der Kieferkamm schrittweise (Abb. 10) für die Aufnahme von je drei Megagen Anyridge-Implantaten (Abb. 11) aufbereitet. Nach einem internen Sinuslift je Kieferhälfte inserierten wir die Implantate, die stabil im Knochen saßen (Abb. 12, 13). Es folgte das Aufbringen von Knochenersatzmaterial (Abb. 14), welches mit einer Membran (Ossix Plus, Regedent; Abb. 15) sowie PRF (Mectron) abgedeckt und über die Lappen und Nähte fixiert wurde (Abb. 17, 18). Abschließend fertigten wir ein OPG an (Abb. 19).

Vier Monate Einheilzeit später nach EKR der Kronen im Oberkiefer wurden die Frontzähne neu beschliffen (Abb. 20) und die Implantate freigelegt. Der Zustand des kompromittierten, vorab bereits vernarbten Weichgewebes machte beidseits aufwendige großflächige Vestibulumplastiken notwendig (Abb. 22-27). Zwei Wochen nach Freilegung wurde die Situation abgeformt und der Unterkiefer nahezu vollständig neu beschliffen. Die Keramikkronen auf den Implantaten 34, 35 konnten nicht entfernt werden, wurden aber beschliffen und mit Table Tops versorgt (Abb. 28, 29). Der Zustand vor Einsetzen der Versorgung zeigte einen gut ausgeformten Kieferkamm. Mittels des speziellen funktionalen Designs des Implantatsystem konnte ein ausgezeichnetes Emergenzprofil erreicht werden (Abb. 30). Die Suprakonstruktion auf den Implantaten wurde zur Verringerung der horizontalen Kräfte auf den Knochen verblockt (Abb. 31).

Ergebnis

Im Ergebnis ging der Patient nach seiner Totalsanierung mit einer sicheren und langzeitstabilen Versorgung nach Hause. Diese – nun natürlich und altersoptimiert gestaltet (Abb. 32, 33) – ließ ihn im Vergleich zu seiner ehemaligen kompromittierten Situation bestens gelaunt immer wieder Zähne zeigen (Abb. 34-37)!

  1. Übersichtsaufnahme zur Diagnostik (OPG).
  2. Im Ampelprinzip wurde die Erhaltungswürdigkeit der Zähne dargestellt.
  3. Klinische Situation in habitueller Interkuspidation rechts …
  4. … mit dem Frontzahnbereich im Deckbiss …
  5. … und dem linken Seitenzahnbereich im Kopf- und Kreuzbiss.
  6. Die Kronen 14 und 15 sind nicht zahngetragen, das Langzeitprovisorium beinhaltete im Sinne der …
  7. … verbesserten Harmonie eine Kronenverlängerung und eine Anpassung von Länge und Breite der Zähne.
  8. Aufsicht auf das LZP, die funktionelle Ebene ist im hinteren Seitenzahnbereich noch nicht abgestützt.
  9. Beim Eröffnen des linken Seitenzahnbereichs zeigten sich große Knochendefekte im Kieferkamm.
  10. Abschluss der Bohrungen für vier Implantate regio 14, 15, 16.
  11. Das Megagen-Implantatsystem ist für diese Indikation indiziert.
  12. In große Kieferkammdefekte lässt es sich ohne Vorbohrung direkt inserieren – bei guter Primärstabilität.
  13. Aufsetzen der Gingivaformer für die geschlossene Einheilung.
  14. Der Kieferkamm wurde in der Region 14-16 augmentiert (Bio-Oss, Geistlich Biomaterials) …
  15. … und mit einer Membran abgedeckt (Ossix Plus, Regedent).
  16. Aufb ringen von PRF für eine verbesserte Weichgewebsheilung.
  17. Fixation der Lappen im rechten und linken Oberkiefer mittels …
  18. … nicht resorbierbarer Matratzen- und Knopfnähte.
  19. Röntgenkontrollaufnahme post implantationem.
  20. Zustand nach vier Monaten Einheilzeit.
  21. Röntgenkontrollaufnahme nach Einbringen der Gingivaformer.
  22. … nicht resorbierbarer Matratzen- und Knopfnähte.
  23. Freilegung des rechten Oberkieferkammes.
  24. Die Schnittführung wird großzügig gewählt.
  25. Einbringen der Gingivaformer und Fixieren des Lappens mittels Knopfnähte.
  26. Großzügige Schnittführung auch im zweiten Quadranten.
  27. Abpräparation, Freilegung und Darstellung der Deckschrauben.
  28. Einbringen der Gingivaformer.
  29. Inzwischen wurden die Zähne 36 bis 46 beschliffen …
  30. … und mit Keramikkronen in altersgerechter Ästhetik versorgt.
  31. Zur Abformung zwei Wochen später ist das Weichgewebe gut verheilt.
  32. Ein gesundes Emergenzprofil und die verblockte, implantatgetragene Suprakonstruktion tragen zum langfristigen Erhalt bei.
  33. Abformung.
  34. Funktionalität und Abstützung sind gegeben, sodass der Patient sicher und langfristig versorgt ist.
  35. Ein sympathisches Lächeln nach allen Regeln der Kunst.
  36. Röntgenkontrollaufnahme zum Abschluss.
  37. Das Lächeln, die Zahnform, die Zahnfarbe …
  38. …und die Natürlichkeit lassen den Patienten strahlen.
Sanierung einer knöchern und weichgeweblich insuffiffi zienten Gebisssituation

Praktische Implantologie und Implantatprothetik PIP Fotostory
Januar 2021

Dr. Peter Randelzhofer