Herausnehmbare Stegversorgung auf Implantaten im kompromittierten Kiefer – Teil 1

Komplette Gebissrehabilitation eines 58-jährigen Patienten mit einer implantatgetragenen Prothese.

Implantatgetragene Prothesen mit gefrästen Stegen sind bei geringer Restbezahnung oder Zahnlosigkeit eine verlässliche Behandlungsmethode mit einer hohen Erfolgsrate. Im Vergleich mit anderen Verankerungsmethoden verfügt die implantatgestützte Stegversorgung zur Verankerung von Deckprothesen über hohe Retentionskräfte. Ein gutes Stegdesign sowie die Auswahl eines geeigneten, biomechanisch abgestimmten Verankerungssystems sind wichtige Parameter für eine günstige Prognose dieser prothetischen Versorgungsmöglichkeit.

Patientenfall

Der 58-jährige allgemeinmedizinisch gesunde Patient erschien bei uns in der Praxis mit dem Wunsch nach einer kompletten Rehabilitation seiner Gebisssituation. Die Zähne erwiesen sich nach klinischer und röntgenologischer Untersuchung als nicht erhaltungswürdig. Nach Aufklärung des Patienten über die therapeutischen Möglichkeiten und die mit der parodontalen Abb. 1 Abb. 2 Vorerkrankung verbundenen Risiken wurden die Möglichkeiten einer Versorgung mit dem Patienten abgewogen. Kiefergelenksprobleme bestanden beim Patienten nicht, sodass die Kieferrelationsbestimmung, die Kauebene und die Zahnaufstellung nach den gnathologischen Prinzipien erfolgen konnte. Aufgrund der parodontalen Vorgeschichte empfahlen wir eine implantatgetragene, aber herausnehmbare Lösung des für uns potenziell zahnlosen Kiefers (Abb. 1-3).

  1. Im Zuge des Verlusts, der Elongation und Wanderung einzelner Zähne war die Funktion der restlichen Zähne als auch die der herausnehmbaren Klammerprothese stark beeinträchtigt.
  2. Die Befunde in der Röntgenaufnahme unterstreichen die Notwendigkeit der Extraktion der nicht erhaltungswürdigen Zähne.
  3. Die Brücke auf den drei Frontzähnen war kaum noch im Knochen verankert. Die neue funktionelle Aufstellung der Zähne wurde nach Extraktion der restlichen Zähne in der Interimsprothese erstmalig getestet.
  4. Nach der Abheilphase wurden im Oberkiefer in jedem Quadranten jeweils drei Implantate inseriert.
  5. Im ersten Quadranten setzten wir Screw Line Implantate (Camlog), im zweiten Quadranten inserierten wir Conelog Implantate (Camlog). Im Frontzahnbereich wurde nicht implantiert. Um die dort eingeschränkten Platzverhältnisse zu umgehen, planten wir einen gefrästen Steg mit Extensionen.
  6. Die Implantate sollten geschlossen einheilen, das Weichgewebe wurde dicht vernäht.
  7. Im Unterkiefer inserierten wir sechs Implantate. Auf Augmentationsmethoden wurde nach Absprache verzichtet. Die Gingiva wurde rund um die Implantate dicht vernäht, die Implantate heilten offen ein.
  8. Die OK-Implantate wurden via Spalt- und Verschiebelappen zu einer Verbesserung der fixierten keratinisierten Gingiva drei Monate nach Implantation freigelegt.
  9. Die erste provisorische Prothese wurde angepasst und ästhetisch verbessert.
  10. Ober- und Unterkiefer-Prothesen wurden mit jeweils zwei Ball-Attachments (Mis) stabilisiert, die Zahnfleischsituation war stabil und reizfrei.
  11. Einsetzen der Prothese: Mit der zusätzlichen Stabilisierung der Prothese wurde die Stimmung des Patienten deutlich besser. Phonetik und Funktion konnten mit dieser Versorgung erstmals genauer getestet werden.
  12. Zum Zeitpunkt der Abformung waren Weichgewebe und Gingiva rund um die Implantate gesund und reizfrei.
  13. Einfache Abformung aller Implantate in der geschlossenen Löffel- bzw. Repositionstechnik.
  14. Die Silikonschlüssel auf den Gipsmodellen geben Auskunft über den Weg der Prothetik im Sinne eines Backward Plannings.
  15. Stegversorgung: Im Oberkiefer sehen wir den schon erwähnten parallel gefrästen Steg mit vertikalen Retentionselementen (Preci Vertix, Ceka-Vertrieb) für eine immer wieder aktivierbare Retention.
  16. Im Unterkiefer setzten wir vier Teleskop-Abutments mit einem Steg in der Front und berücksichtigten damit die geplante Set up/ Wax up-Aufstellung.
  17. Neue Prothesen mit einfachen Kunststoff einsätzen wurden angefertigt, um alle fehlenden funktionellen, ästhetischen und phonetischen Details abzuklären.
  18. Die ästhetisch sehr ansprechenden Übergangsprothesen bleiben in Reserve für den Fall, dass die finale Arbeit einmal repariert oder angepasst/neu verblendet werden muss.
  19. Bis zur Fertigstellung der implantatgetragenen Abutment- und Steg-gestützten prothetischen Versorgung ist der Patient optimal mit einem sehr ästhetischen Provisorium versorgt und kann beruhigt lächeln.

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Praktische Implantologie und Implantatprothetik PIP Fotostory
Mai 2018

Dr. Peter Randelzhofer