Zehnjahresdaten zum Knochenerhalt von Implantatsystemen

Eine klinische Analyse im Split Mouth-Design

Erkenntnisse über die Eigenschaften der Implantatsysteme und der sichere, geschulte Einsatz sind essenziell für die Auswahl des für den Patienten geeigneten Implantates. Unterschiedliche Implantat-Abutment-Verbindungen sind im klinischen Einsatz. Das Ziel der vorliegenden Fallstudie war es, den Einfluss von zwei unterschiedlichen Verbindungstypen (konische Verbindungsgeometrie mit Indexierung versus Tubein- Tube Implantat-Abutment-Verbindung) verschiedener Implantatsysteme (Camlog Screw-Line/Conelog Screw-Line) im stark atrophen Oberkiefer eines Patienten zu untersuchen.

Beide Implantatsysteme des Herstellers Camlog sind Schraubenimplantate, verfügen über die gleiche Außengeometrie, die gleiche Oberfläche und die gleiche Materialqualität. Sie sind für alle Knochenqualitäten geeignet, umfangreich wissenschaftlich in den unterschiedlichsten Indikationen mit positiven Langzeitergebnissen untersucht und verfügen über eine hohe Primärstabilität. Bei beiden Systemen ist ein Platform Switching möglich, welches die Belastung des periimplantären Knochens reduzieren und den Knochenabbau verringern kann. Unterschiede der hier vergleichend untersuchten Implantatprodukte bestehen in der jeweiligen Implantat-Abutment-Verbindung.

Camlog und Conelog Screw-Line

Im Camlog-Implantatsystem nutzt der Hersteller die Tube-in-Tube-Verbindung, um eine Rotationsstabilität und eine optimale Kraftverteilung zu erreichen. Die Einfachheit des Handlings sorgt bei der Camlog-Tube-in-Tube-Verbindung für einen guten Behandlungsablauf. Mit dem Conelog-Implantatsystem steht dem Implantologen eine präzise tiefe Konusverbindung mit 7,5 Grad und eine drei Nuten-/Nocken-Indexierung zur Positionierung zur Verfügung. Das Nut-Nocken-System bietet drei mögliche Positionen des Abutments im Implantat, im Winkel von jeweils 120 Grad zueinander, und sichert damit eine rotationssichere Verbindung zur Implantatprothetik. Der Innenkonus gewährleistet eine optimale Dichtigkeit zum Hohlkörper der Implantate. Neben den implantatspezifischen spielen u. a. patientenbedingte Faktoren und Parameter wie etwa Insertionstiefe, Implantatabstand, funktionelle Positionierung, Menge/Qualität des periimplantären Weichgewebes, Hygienefähigkeit und das chirurgischen Vorgehen eine entscheidende Rolle für den Implantaterfolg.

Parameter

Die klinische Erfolgsrate beider Implantat-Verbindungssysteme sollte verglichen werden. Diese wurde anhand folgender Kriterien bewertet:

  • Feste und nicht mobile Implantate,
  • keine Schmerzen in der Implantatregion,
  • keine periimplantären Entzündungen in der Implantatregion,
  • röntgenologisch keine erkennbaren periimplantären Aufhellungen,
  • keine Beeinträchtigungen der umgebenden anatomischen Strukturen (Neuropathien/Parästhesien),
  • Knochenabbau nach dem ersten Jahr Belastung nur max. 0,2 mm/Jahr.
  • Zusätzliches Kriterium für die Erfolgsrate bestand darin, dass die ersten vier Kriterien im Fünf-Jahres-Zeitraum von mindestens 85 % und nach zehn Jahren von 80 % der untersuchten Implantate erfüllt werden.

Fallbericht

In der Praxis wünschte sich der Patient eine implantatprothetische Versorgung seines Ober- und Unterkiefers (Abb. 1, 2). Nicht erhaltungswürdige Zähne wurden entfernt (Abb. 3-5) sowie im Unterkiefer drei und im Oberkiefer sechs Implantate geplant. Nachdem die Implantate im Unterkiefer in regio 36, 45, 46 inseriert und der Patient provisorisch versorgt worden waren (Abb. 6-8), wurde im Oberkiefer ein beidseitiger externer Sinuslift vorgenommen. Fünf Monate später inserierten wir nach dem Zufallsprinzip im rechten Oberkiefer drei Camlog Screw-Line Implantate und im linken Oberkiefer drei Conelog Screw-Line Implantate (je (Ø 3.8 mm, Abb. 9-11). Nach knapp vier Monaten wurden die OK-Implantate freigelegt, nach beids. Vestibulumplastik mit Gingivaformern versorgt (Abb. 12, 13) und drei Wochen später abgeformt (Abb. 14- 17). Beim Einsatz der CAD/CAM-hergestellten Hybridabutments auf den Klebebasen (Abb. 18-21) ist das perfekt ausgeformte Weichgewebe zu erkennen (Abb. 22, 23). Im Oberkiefer wurden die Implantate mit Keramik-verblendeten Zirkonoxidkronen versorgt, die zur gegenseitigen Stabilisierung verblockt wurden (Abb. 24-25).

Ergebnis

Die bereits aufgeführten Parameter der klinischen Erfolgsrate wurden im Split Mouth-Design an je drei Implantaten der Serie Camlog Screw-Line und Conelog Screw-Line gemessen. Zu jedem der jährlichen Untersuchungszeitpunkte, hier exemplarisch im OPG nach zwei, vier, sieben und zehn Jahren, wurden 100% klinische Erfolgsrate erzielt (Abb. 26-30). Anhand dieses Patientenfalles existiert kein Hinweis darauf, dass die zwei Implantat- Abutment-Verbindungen Unterschiede in der klinischen Erfolgsrate aufweisen. Ausschlaggebender Faktor für den Erfolg der implantatprothetischen Rehabilitation ist neben einem bewährten Implantatsystem der Erhalt des periimplantären Hartund Weichgewebes, welches mittels abgestimmter Insertionstiefe, Vestibulumplastik und Platform Switching erzielt wurde.

  1. Ausgangssituation: Beidseitige Freiendsituation im Oberkiefer.
  2. Freiendlücken ab regio 15, 24, Restknochenhöhe ist im Oberkiefer rechts und links so gut wie nicht vorhanden.
  3. Auch klinisch deuten die atrophen Kieferkämme im Ober- und Unterkiefer rechts …
  4. … und links darauf hin, dass so gut wie kein Knochenniveau mehr vorhanden ist.
  5. Es wurde entschieden zunächst den Unterkiefer zu versorgen und die Lücken zu schließen.
  6. Planung der Anzahl und Positionen der Implantate im Unterkiefer.
  7. Die insuffi zienten Zähne 45 und 46 wurden extrahiert und zwei Camlog Screw-Line Implantate inseriert.
  8. Im linken Unterkiefer wurde der nicht erhaltungswürdige Zahn 36 extrahiert und ein Camlog Screw-Line Implantat gesetzt.
  9. Planung der Implantate im Oberkiefer: Es bestehen zwei weitspannige Freiendlücken, die Kieferkämme sind stark atrophiert.
  10. Rechts werden drei Camlog Screw-Line, links drei Conelog Screw- Line Implantate nach dem externem Sinuslift gesetzt.
  11. Röntgenkontrolle nach externem Sinuslift und Implantation von je drei Implantaten pro Oberkieferseite.
  12. Nach knapp vier Monaten wurden die Implantate freigelegt (hier rechte Seite) …
  13. … und die weichgewebliche periimplantäre Situation mittels Vestibulumplastik verbessert (linke Seite).
  14. Weitere zwei Wochen später wurden die Gingivaformer entfernt, eine Abformung und eine Bissnahme genommen.
  15. Komplikationslose Osseointegration beider Implantatsysteme von Camlog nach vier Monaten ohne diagnostizierbare Unterschiede.
  16. Doppelmischabformung.
  17. Gesockeltes Arbeitsmodell zur Erstellung der individuellen Abutments und der defi nitiven Einzelkronen.
  18. Anprobe der individuellen CAD/CAM-gefertigten Hybridabutments auf Klebebasen auf den Conelog Implantaten links.
  19. Optimale Anpassung an das vorhandene Weichgewebe.
  20. CAD/CAM-gefertigte Hybridabutments auf den Camlog Implantaten.
  21. Abutments mit perfekter Einpassung auf der rechten Seite.
  22. Zustand vor Einsetzen der Abutments, perfektes gesundes Emergenzprofi l, dickes Weichgewebe.
  23. Die Implantate wurden so tief inseriert, dass 3-4 mm Weichgewebe geschaff en wurde.
  24. a) Einprobe der natürlich wirkenden, defi nitiven Einzelkronen aus Zirkonoxid …
    b) … mit Verblendungen aus Keramik.
  25. Sie wurden zur gegenseitigen Stabilisierung verblockt.
  26. Röntgenkontrolle nach Einsetzen der Implantate.
  27. Komplett neu implantatprothetisch versorgtes Gebiss zwei Röntgenkontrolle nach sieben Jahren. Jahre später in der Übersicht.
  28. Gut osseointegrierte Implantate vier Jahre später beim Kontrolltermin.
  29. Röntgenkontrolle nach sieben Jahren.
  30. Röntgenkontrolle nach zehn Jahren, unveränderte Knochenverhältnisse.
Zehnjahresdaten zum Knochenerhalt von Implantatsystemen

Praktische Implantologie und Implantatprothetik PIP Fotostory
Mai 2022

Dr. Peter Randelzhofer