Die weichgewebliche Herausforderung im Frontzahnbereich

Das Therapiespektrum der oralen Chirurgie bietet dem versierten, erfahrenen und wissenschaftlich gebildeten Operateur unzählige Möglichkeiten.

Abhängig von den Ausgangsbedingungen wie der allgemeinen Gesundheit, dem weichgeweblichen Biotyp, den anatomischen Voraussetzungen von Gingiva, Zahnverlauf und -form bis zu den lokalen Faktoren wie etwa Zahnverlust mit Trauma am Kieferkamm oder Zahnverlust infolge einer Parodontalerkrankung oder Karies bestehen unterschiedliche Chancen und Risiken für den ästhetischen Outcome. Von besonderer Bedeutung ist daher die präimplantologische Weich- und Hartgewebsdiagnostik und die Planung. Die Diagnostik und Befunde der Knochenqualität und -quantität sowie der weichgeweblichen Situation helfen, die Ausgangslage vernünftig einzuschätzen und den Patienten über die Möglichkeiten, aber auch die Grenzen einer ästhetischen Rehabilitation aufzuklären. Oberstes Ziel ist dabei die Gewinnung von Weichgewebe, um ein harmonisches Verhältnis zwischen Gingiva und Zahnkronen zu erschaffen.

Die nachfolgenden beiden klinischen Fälle zeigen die knöcherne und weichgewebliche Rekonstruktion eines und zweier Oberkieferfrontzähne mit ungünstigen knöchernen und weichgeweblichen Ausgangsbedingungen, die nach genauer Analyse der Ist-Strukturen zu ästhetischen Verbesserungen der Rot-Weiß-Ästhetik geführt haben.

Patientenfall 1

  1. Bei lockerer Mundöffnung erschien das Lächeln leicht unharmonisch, die längere Zahnkrone 11 fiel ins Auge.
  2. Bei näherer Betrachtung fiel die nach kranial verlängerte, asymmetrisch wirkende Zahnkrone stark auf.
  3. Die Resorption war im Zuge des Bündelknochenverlusts und der mangelnden Belastung des Knochens deutlich fortgeschritten.
  4. Mangels kontralateralen Gegendrucks war der Zahn 41 nach labial gekippt, eine ungünstige prothetische Situation war entstanden.
  5. Implantatinsertion in regio 11 leicht palatinal.
  6. Die labiale Knochenlamelle war stark eingezogen.
  7. Optimale prothetische Position des Implantates (Megagen).
  8. Einbringen der Verschlussschraube für ein zweizeitiges Vorgehen.
  9. Abdeckung des OP-Gebietes mit The Graft (Regedent), PRF und einer Membran (Ossix, Regedent).
  10. Nahtverschluss.
  11. Abformung: Einbringen des Laboranalogs …
  12. … und des Abformpfostens.
  13. Einbringen der endgültigen Versorgung …
  14. … aus Keramik nach drei Monaten Einheilzeit.
  15. Trotz kritischer Ausgangslage ein gelungenes Ergebnis!
  16. Röntgenkontrolle.

Patientenfall 2

  1. Die Patientin erschien in der Praxis und wünschte, dass sie ihre Prothese im Frontzahnbereich nicht mehr tragen müsse.
  2. Der starke Knochendefekt nach Verlust der Zähne 11 und 12 war mit pinkem Kunststoff an den Kronen verdeckt worden.
  3. Besonders labial fi el die knöcherne Einziehung im Oberkiefer stark auf, von der sich der pinke Kunststoff unnatürlich absetzt. Eine ungünstige Situation.
  4. In der DVT-Aufnahme waren Knochendefekte in der bukkalen Kieferregion regio 12 bis 11 zu erkennen.
  5. Die Patientin wurde nach zusätzlicher klinischer Betrachtung der Ist-Situation über die Chancen und Risiken aufgeklärt. Die Ausgangslage gab nicht viel her.
  6. Großflächige Schnittführung.
  7. Nach Abpräparation der Gingiva und des Periosts wurde die böse Überraschung sichtbar.
  8. Überprüfung des weichgeweblichen Volumens des Lappens.
  9. Der Kieferkamm war labial und palatinal extrem resorbiert, es sollte nur ein Implantat inseriert werden.
  10. Exakte Implantatpositionierung (Megagen) mittels Bohrschablone, die optimale Positionsbestimmung erfolgte mittels DVT-Software.
  11. Nach Implantatinsertion wurde der Defekt mit The Graft (Regedent GmbH), autologen Spänen, PRF und einer Membran (Ossix, Regedent GmbH) abgedeckt.
  12. Röntgenkontrolle nach Implantatinsertion.
  13. Zustand nach vier Monaten Einheilzeit.
  14. Am Laboranalog wurde das optimale Emergenzprofil für das Implantat regio 11 und das Pontic regio 12 bestimmt …
  15. …und auf die Zahnfleischmaske im Modell übertragen.
  16. Ein natürliches Lächeln bei leicht geöff neten Lippen …
  17. … und das Endergebnis kann sich von allen Seiten sehen lassen.
  18. Röntgenkontrolle mit der fi nalen Restauration.
Die weichgewebliche Herausforderung im Frontzahnbereich

Praktische Implantologie und Implantatprothetik PIP Fotostory
Juni 2019

Dr. Peter Randelzhofer