Optimale Versorgung im Oberkiefer – Der spezielle Fall – Teil 1

Die natürliche und ästhetische Zahnaufstellung der alten Prothese sollte übernommen werden.

Der Patient mittleren Alters war jahrelang nicht in zahnärztlicher Behandlung. Nachdem er sich für eine neue Versorgung seiner Zähne entschieden hatte, wollte er im Oberkiefer eine optimale Versorgung in Bezug auf Ästhetik und Funktion (Abb. 1, 2a). Nach klinischer und röntgenologischer Prüfung erwiesen sich jedoch alle Oberkieferzähne als nicht erhaltungswürdig (Abb. 2b-2c), sodass der Patient sich nach eingehender Beratung für eine festsitzende Versorgung auf Implantaten entschied. Die endgültige Entscheidung fiel zugunsten einer teleskopierenden Brücke aus. Diese ist festsitzend und für den Patienten gut zu reinigen. Argumente, die im Hinblick auf die schlechte parodontale Gesundheit und das Zahnpflegedefizit des Patienten eine wichtige Rolle spielen.

Die knöcherne Ausgangslage ließ eine kombinierte Therapie, das heißt, Extraktion mit sofortiger Implantation (Sechs MIS V Neck Implantate) zu. Das neuartige Implantat bietet durch sein aufwendiges Schraubengewinde im apikalen Anteil auch im kompromittierten Knochen eine große Primärstabilität. Der dreieckige Schulterbereich ist so zu positionieren, dass die abgeflachte Stelle bukkal zu liegen kommt. Bukkal besteht eine starke Kieferkammresorption, die dreieckige Form des Implantates führt dazu, dass labial mehr Knochen übrig bleibt und die Implantate mehr nach palatinal orientiert sind, sodass eine sichere und stabile Osseointegration gewährleistet ist. Der schmale palatinale Anteil des Implantates ermöglicht eine verbesserte Blutversorgung des Knochens im Implantatschulterbereich. Mittels eines Kieferkammschnittes in Form eines Spaltlappens, der über den ganzen Kiefer ausgeweitet wurde, konnten die Implantate sicher und stabil in eine strategisch günstige Position inseriert werden. Dazu wurden teilweise die leeren Alveolen nach gründlicher Kürettage verwendet, teilweise wurden die Implantate in den ortsständigen Knochen positioniert. Die kleinen bis mittelgroßen bukkalen, einwandigen Defekte wurden mit PRF aus Eigenblutgewinnung aufgefüllt, zusätzlich kamen Kollagenmembranen und PRF-Membranen zur Anwendung. Der Nahtverschluss erfolgte mittels Haltenähten, die in die Peripherie des OP-Gebietes hineingelegt wurden, um Spannung aus dem Lappen und auf die Wundränder zu nehmen. Die verbleibenden Wundränder wurden mit modifizierten, entlastenden Matratzennähten stabilisiert (Abb. 3-8b).

Die Nähte wurden bei reizfreier Situation der Wundverhältnisse zehn Tage post Implantation entfernt. Drei Monate Einheilzeit der Implantate waren mit dem Patienten vereinbart. In der Zwischenzeit trug der Patient eine Totalprothese, die weichbleibend unterfüttert wurde. Bei Anfertigung dieser wurde bereits die für den Patienten optimale, definitive Zahnaufstellung eingearbeitet.

Zum Zeitpunkt der Freilegung waren alle Implantate vollständig osseointegriert (siehe Abb. 11). Das Implantat in Abb. 11 war wie die anderen auch okklusal von Knochen bedeckt, bukkal zeigt sich jedoch bei dem in den ortsständigen Knochen gesetzten Implantat ein leichtes horizontales Knochenremodeling. Grund ist die abgeflachte bukkale Implantatform, die den natürlichen Resorptionsvorgängen folgt, bzw. an deren Form angelehnt ist. Teils musste man Bereiche mit scharfen Löffeln extra vom Knochen befreien.

Mit der Schnittführung wurde ein Spaltlappen gebildet, um das Bindegewebe und das Periost nicht abzuheben und keine Resorption der knöchernen Anteile hervorzurufen (Abb. 10). Der keratinisierte Anteil der Gingiva wurde in Form einer Vestibulumplastik nach labial verlegt (Abb. 11-16e). Das hat Vor- teile, in dem es die keratinisierte Gingiva verbreitert und die Suprastruktur stabil ins Weichgewebe eingebettet wird, sodass mit der ursprünglichen Anatomie Bänder und Muskelzüge entlastet sind. Weiterhin wird der Lappen zusätzlich verdickt und das Gewebe gliedert sich in der Folge gut in den Zahnbogen ein.

Für die Ästhetik bedeutsam ist außerdem, dass der sekundär heilende Bereich um die Implantate sich wieder auf dem natürlichen, biologisch vorgegebenen Niveau einspielen wird. Die durch die Lappenführung entblößten Knochenareale lateral und mesial (siehe Abb. 15) der Implantate wurden über ein weiteres Splitting des Mukosalappens so mobilisiert, dass sich die Areale problemlos abdecken ließen.

Drei Wochen nach der Freilegung begann die prothetische Phase. Gingivaformer wurden entfernt und Abformpfosten für die erste offene Abformung eingesetzt (Abb. 17-20).

Der nach der Chirurgie folgende Workflow in der prothetischen Phase, u.a. mit einer Versorgung aus Einzelkronen (Presskeramik Kronen auf einem gefrästen Pekkton-Gerüst (Cendres+Métaux) folgt in der nächsten Ausgabe der pip.

Optimale Versorgung im Oberkiefer – Der spezielle Fall – Teil 1

Praktische Implantologie und Implantatprothetik PIP Fotostory
März 2016

Dr. Peter Randelzhofer