Optimale Versorgung im Oberkiefer – Der spezielle Fall – Teil 2

Die natürliche und ästhetische Zahnaufstellung der alten Prothese sollte übernommen werden.

In der Ausgabe pip 3/2016 berichteten wir über den Patienten mittleren Alters, der über mehrere Jahre nicht in zahnärztlicher Behandlung war. Nach Diagnostik und Aufklärung wurden alle nicht erhaltungsfähigen, verbleibenden Zähne im OK gezogen und sechs MIS V Neck Implantate inseriert. Mittels gezielter Insertion der dreieckigen Implantate, PRF aus Eigenblut, Kollagenmembranen sowie PRF-Membranen wurden die knöchernen Defekte augmentiert. Nach drei Monaten Einheilzeit konnten die Implantate freigelegt werden. Weitere drei Wochen später begannen wir mit der prothetischen Phase. Ziel waren eine festsitzende Teleskop-Brücke mit Einzelkronen aus Presskeramik und ein gefrästes Pekkton-Gerüst (Cendres Mètaux) als Reiseprothese (Dias 1-8). Die provisorische Totalprothese des Patienten wurde zwischenzeitlich weichbleibend unterfüttert. Die natürliche und ästhetische Zahnaufstellung der provisorischen Prothese sollte übernommen werden.

Prothetik chairside 1. Schritt

Die prothetische Phase startete mit der ersten individuellen Abformung in offener Löffeltechnik. Der korrekte Sitz der Abformpfosten (Abb. 1) wurde vorab anhand des OPTG und dem Ostell-Messverfahren ermittelt. Auch der Sitz der konischen Abutmentverbindungen des V3 wurde überprüft. Im Zusammenhang mit dem erfolgreichen Knochenremodeling um den Hals der Implantate sollte der Sitz der Abutments am Implantat und am Knochen vor Abformung kontrolliert werden. Nach zufriedenstellendem Ergebnis wurde ein Durchbissregistrat (einfacher Quetschbiss) genommen (Futar D Okklusion, Fa. Kettenbach). Danach formten wir den Oberkiefer ein erstes Mal mit einem individuellen Löffel und Silikon (Identium, Fa. Kettenbach) ab. Abschließend wurden die Gingivaformer mit CHX-Gel beschickt und wieder aufgesetzt.

Labor 1. Schritt

Zwischen den Abformpfosten in den ausgegossenen Modellen wurden im nächsten Schritt Balken aus Pattern Resin für die anschließende Präzisionsabformung angebracht (Abb. 2). Die ausgehärteten Kunststoffbalken wurden mit einer Trennscheibe geteilt und mit dem individuellen Löffel in die Praxis gebracht.

Prothetik chairside 2. Schritt

Mit den auf die Abformpfosten aufgebrachten, mit lichthärtendem LUKAFix Kunststoff intraoral verblockten Pattern Resin-Balken nahmen wir die erste Präzisionsabformung (Abb. 3, 4).

Labor 2. Schritt

Herstellung der Meistermodelle (Sensei, Fa. Shihan) und Anfertigen einer Biss-Schablone aus lichthärtendem Kunststoffmaterial, die auf drei Implantaten fixiert war (Abb. 5, 6).

Prothetik chairside 3. Schritt

Bissnahme in zentraler Kontaktposition (Aluminiumwachs) und unter Einzeichnung von Lippenlinie (entspannt und lachend) so wie der relevanten Positionen (z. B. Eckzähne, Mittellinie).

Labor 3. Schritt

Set up-Anfertigung zur Anprobe im Mund mit den vorfabrizierten Zähnen von Zahntechnikermeister H.-J. Lutz (Typ Hans II, Fa. Anaxdent).

Prothetik chairside 4. Schritt

Set up/Wax up und Anprobe im Mund des Patienten: Eine patientenindividuelle Registrierung mit dem Plane-System (ZTM Udo Plaster) ergänzt durch die Kenntnisse und Erfahrungen des Zahntechnikers führen nur nach wenigen minimalen Änderungen zum Erfolg (Abb. 7-9). Das erfolgreiche Set up dient als Vorlage für die rückwärts geplante Abutment- und Gerüstherstellung.

Labor 4. Schritt

Mit backwardplanning wurden auch die individuellen Zirkoniumdioxid- Abutments nach dem Cut Back-Verfahren in CAD/CAMTechnologie hergestellt. Maßgeblich für die spätere Friktion sind konische Aufbauten von mindestens sieben Millimeter Höhe. Ihr Sitz wurde abschließend auf dem Modell überprüft (Abb. 10).

Prothetik chairside 5. Schritt

Zur Kontrolle der Präparationsgrenze und der richtigen Passform werden die Abutments am Patienten eingesetzt. Die Präparationsgrenze wird begutachtet, ein epigingivaler Verlauf ist wünschenswert. Der Pattern Resin-Schlüssel sitzt präzise an jedem Abutment auf (Abb. 11-14).

Labor 5. Schritt

Mit dem CAD/CAM-Verfahren (3Shape-Software) werden sowohl das Pekkton-Gerüst (Fa. Cendres Mètaux), die Pekktonkappen als auch das NEM-Gerüst hergestellt (Abb. 15-23). Das Kunststoffgerüst dient als Vorlage für die gleichzeitig angefertigte Reserve- bzw. Reiseprothese. Die Zahnkranzvorgaben basierten auf dem Set up (Schritt 4). Passend zu beiden Gerüsten wurden die jeweiligen Primärkappen (Abb. 25) auf den Implantatabutments (Abb. 24) angefertigt.

Prothetik chairside 6. Schritt

Erste NEM-Gerüstanprobe mit Okklusionsschlüssel und zweite Anprobe der Pekkton-Primärkappen auf den Implantatabutments: Vor dem passivem Verkleben der jeweiligen Primärteile der Prothesen in die entsprechenden Gerüste (Multilink Implant- Zement, Fa. Ivoclar Vivadent) werden die funktionellen und ästhetischen Parameter überprüft. Über die lateralen Kanäle im Gerüst fließt der überschüssige Zement ab (Abb. 26-29).

Labor 6. Schritt

Fertigstellung der individuell geschichteten Frontzahnkronen (Zirkoniumdioxid) und der bemalten Seitenzähne aus Presskeramik (Lithiumdisilikat). Die Zähne wurden darauf als Einzelkronen auf das mit Opaquer versehene Gerüst geklebt (Abb. 29). Der Gingivaanteil wurde aus lichthärtendem Komposit (SR Nexco, Fa. Ivoclar Vivadent) angefertigt (Abb. 30, 31).

Prothetik chairside 7. Schritt

Finale Anprobe und Einsetzen der fertigen Arbeit. Vor dem Einbringen des Abutments wurden sie gereinigt, etwas CHX-Gel wurde eingefüllt und sie wurden mit 25 Ncm fest eingesetzt. Die Schraubkanäle verschlossen wir mit TempoSIL (Fa. Coltene) (Abb. 32-41). Die Oberfläche der Abutments wurde fotofunktionalisiert (Fa. Ushio). Bei der Bearbeitung des subgingivalen Anteils wurden die unteren 50 % der Abutmentoberfläche mittels Silikonpolierer in Richtung Implantatschulter über 0,2 μm aufgeraut, um ein Weichgewebe-Attachment zu erreichen (Abb. 33).

Unser Patient genoss den Tragekomfort der herausnehmbaren Brücke, Ästhetik und Funktion waren zu aller Zufriedenheit. Im Kontrollröntgenbild zeigten sich defi nitive Abutments und osseointegrierte Implantate unauff ällig (Abb. 41). Die Zufriedenheit mit der umgesetzten Versorgung des Patienten lässt seine klinische Situation zu Beginn der Behandlung in den Hintergrund treten (Abb. 37-40). Auch seine Zurückhaltung Zahnärzten gegenüber war und ist wie weggeblasen, er erscheint regelmäßig zu seinen Kontrollterminen.

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Optimale Versorgung im Oberkiefer – Der spezielle Fall – Teil 2

Praktische Implantologie und Implantatprothetik PIP Fotostory
Januar 2017

Dr. Peter Randelzhofer